Auch wenn auf
vielen Seiten im Internet die Möglichkeit der Reduzierung des Streitwerts
(richtigerweise Verfahrenswert) um 20%, 25% oder gar noch mehr bei einer
einvernehmlichen Scheidung (vollmundig) versprochen wird, sollte dies bei der
Kalkulation der zu erwartenden Scheidungskosten besser nicht einbezogen werden,
da eine entsprechende „Streitwertreduzierung“ nicht der gängigen Praxis der
Gerichte in Zossen und Potsdam ist und auch nicht der Gesetzeslage entspricht.
Das muss klar und deutlich gemacht werden. Sicherlich kann man im Rahmen eines
Scheidungsantrages eine entsprechende Reduzierung des Verfahrenswertes
beantragen (und ich kann dies gern auch für Sie tun), jedoch tendiert dessen
Erfolgsaussicht gegen Null, was (natürlich) im Rahmen der verschiedenen
Informationen im Internet keine Erwähnung findet. Die für die Kosten
maßgebliche Wertfestsetzung erfolgt durch das Familiengericht (im Scheidungsbeschluss).
Grundlage für die Festsetzung des Verfahrenswertes ist das Gesetz über
Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG).
Nach § 43 Abs. 1 FamGKG ist in
Ehesachen der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der
Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen.
Der Wert darf nicht unter 2.000 EUR und nicht über 1.000.000 EUR angenommen
werden. Nach § 43 Abs. 2 FamGKG ist für
die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der
Ehegatten einzusetzen.
Die
gebührenrechtliche Streitwertbestimmung für Ehesachen knüpft für die
Bemessung daher an das dreifache Nettomonatseinkommen und damit an die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an, so dass im Regelfall die
Einkommensverhältnisse maßgebend sind.
Im Hinblick
auf die klare Normierung kann davon ausgegangen werden, dass jedes
Familiengericht zunächst von dem Quartalsnettoeinkommen ausgehen wird, wobei
die Frage, was als Einkommen zählt, unterschiedlich durch die Gerichte
beurteilt wird. Nicht einheitlich wird auch die Frage der Berücksichtigung von
Vermögen oder besonderen Belastungen i.S. des § 43 Abs. 1 FamGKG durch
die verschiedenen Familiengerichte aber auch den unterschiedlichen
Oberlandesgerichten beurteilt.
Häufig werden
z.B. folgende Punkte berücksichtigt:
Für ein
unterhaltsberechtigtes Kind wird ein Betrag in Höhe von pauschal EUR 250,00 von
dem Einkommen in Abzug gebracht.
Vorhandenes
Vermögen ist bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigen. Häufig wird hier 5%
aus dem Vermögen abzüglich Verbindlichkeiten und Freibeträge für die Eheleute
und unterhaltsberechtigten Kinder werterhöhend durch das Familiengericht
berücksichtigt.
Alleine die
Tatsache, dass die Gegenseite der Scheidung zustimmt, rechtfertigt regelmäßig
nicht eine Herabsetzung des Verfahrenswertes, da die "unstreitige
Scheidung" den statistischen Regelfall darstellt. Soweit Streit besteht,
beschränkt sich dieser in der Regel auf Folgesachen, die jeweils auch mit einem Verfahrenswert
bestimmt und dem Wert der Scheidung hinzuaddiert werden. Da eine Scheidung
daher bei bestehenden und nicht bestehenden Streit in der Regel gleichartig
verläuft, wäre eine Reduzierung des „Streitwerts“ um beispielsweise 25% bei
einer einvernehmlichen Scheidung sachlich durch das Familiengericht nicht zu
rechtfertigen. Günstiger ist die einvernehmliche Scheidung in jedem Fall, da
mangels weiterer streitiger Folgesachen nur die Ehescheidung und meist der
Versorgungsausgleich bei Bestimmung des (Gesamt-) Wertes für das Scheidungsverfahren
berücksichtigt werden.
Wer also
einen bestimmten Anwalt mit der Scheidung beauftragt, weil dort suggeriert
wird, der „Streitwert“ der Scheidung werde bei einer einvernehmlichen Scheidung
um 25% oder sogar 30% reduziert, darf sich nach Abschluss des Verfahren nicht
darüber wundern, dass das Familiengericht eine entsprechende Herabsetzung des
Verfahrenswertes nicht vornimmt und unter Umständen sogar wegen vorhandenen
Vermögens den Wert höher als den Wert des Quartalseinkommens ansetzt.
Bitte fragen Sie mich wegen der Details zu den Kosten. Immer wieder, wenn es sein muss. Das nervt nicht, sondern ganz im Gegenteil: Es schafft Vertrauen und Klarheit für beide Seiten. Und dieses Vertrauen ist einfach nötig für eine gute Zusammenarbeit. Und das sind auch keine leeren Worte. Versprochen.
Nikolaustag 2017