Mittwoch, 6. Dezember 2017

Ehescheidung Streitwertreduzierung bei Einvernehmlichkeit ?


Auch wenn auf vielen Seiten im Internet die Möglichkeit der Reduzierung des Streitwerts (richtigerweise Verfahrenswert) um 20%, 25% oder gar noch mehr bei einer einvernehmlichen Scheidung (vollmundig) versprochen wird, sollte dies bei der Kalkulation der zu erwartenden Scheidungskosten besser nicht einbezogen werden, da eine entsprechende „Streitwertreduzierung“ nicht der gängigen Praxis der Gerichte in Zossen und Potsdam ist und auch nicht der Gesetzeslage entspricht. Das muss klar und deutlich gemacht werden. Sicherlich kann man im Rahmen eines Scheidungsantrages eine entsprechende Reduzierung des Verfahrenswertes beantragen (und ich kann dies gern auch für Sie tun), jedoch tendiert dessen Erfolgsaussicht gegen Null, was (natürlich) im Rahmen der verschiedenen Informationen im Internet keine Erwähnung findet. Die für die Kosten maßgebliche Wertfestsetzung erfolgt durch das Familiengericht (im Scheidungsbeschluss). Grundlage für die Festsetzung des Verfahrenswertes ist das Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG).
Nach § 43 Abs. 1 FamGKG ist in Ehesachen der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht unter 2.000 EUR und nicht über 1.000.000 EUR angenommen werden. Nach § 43 Abs. 2 FamGKG ist für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten einzusetzen.
Die gebührenrechtliche Streitwertbestimmung für Ehesachen knüpft für die Bemessung daher an das dreifache Nettomonatseinkommen und damit an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an, so dass im Regelfall die Einkommensverhältnisse maßgebend sind.
Im Hinblick auf die klare Normierung kann davon ausgegangen werden, dass jedes Familiengericht zunächst von dem Quartalsnettoeinkommen ausgehen wird, wobei die Frage, was als Einkommen zählt, unterschiedlich durch die Gerichte beurteilt wird. Nicht einheitlich wird auch die Frage der Berücksichtigung von Vermögen oder besonderen Belastungen i.S. des § 43 Abs. 1 FamGKG durch die verschiedenen Familiengerichte aber auch den unterschiedlichen Oberlandesgerichten beurteilt.
Häufig werden z.B. folgende Punkte berücksichtigt:
Für ein unterhaltsberechtigtes Kind wird ein Betrag in Höhe von pauschal EUR 250,00 von dem Einkommen in Abzug gebracht.
Vorhandenes Vermögen ist bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigen. Häufig wird hier 5% aus dem Vermögen abzüglich Verbindlichkeiten und Freibeträge für die Eheleute und unterhaltsberechtigten Kinder werterhöhend durch das Familiengericht berücksichtigt.
Alleine die Tatsache, dass die Gegenseite der Scheidung zustimmt, rechtfertigt regelmäßig nicht eine Herabsetzung des Verfahrenswertes, da die "unstreitige Scheidung" den statistischen Regelfall darstellt. Soweit Streit besteht, beschränkt sich dieser in der Regel auf Folgesachen, die jeweils auch mit einem Verfahrenswert bestimmt und dem Wert der Scheidung hinzuaddiert werden. Da eine Scheidung daher bei bestehenden und nicht bestehenden Streit in der Regel gleichartig verläuft, wäre eine Reduzierung des „Streitwerts“ um beispielsweise 25% bei einer einvernehmlichen Scheidung sachlich durch das Familiengericht nicht zu rechtfertigen. Günstiger ist die einvernehmliche Scheidung in jedem Fall, da mangels weiterer streitiger Folgesachen nur die Ehescheidung und meist der Versorgungsausgleich bei Bestimmung des (Gesamt-) Wertes für das Scheidungsverfahren berücksichtigt werden.
Wer also einen bestimmten Anwalt mit der Scheidung beauftragt, weil dort suggeriert wird, der „Streitwert“ der Scheidung werde bei einer einvernehmlichen Scheidung um 25% oder sogar 30% reduziert, darf sich nach Abschluss des Verfahren nicht darüber wundern, dass das Familiengericht eine entsprechende Herabsetzung des Verfahrenswertes nicht vornimmt und unter Umständen sogar wegen vorhandenen Vermögens den Wert höher als den Wert des Quartalseinkommens ansetzt.
Bitte fragen Sie mich wegen der Details zu den Kosten. Immer wieder, wenn es sein muss. Das nervt nicht, sondern ganz im Gegenteil: Es schafft Vertrauen und Klarheit für beide Seiten. Und dieses Vertrauen ist einfach nötig für eine gute Zusammenarbeit. Und das sind auch keine leeren Worte. Versprochen.

Nikolaustag 2017