Mittwoch, 24. September 2014

Unterhaltspflicht des Vaters nach künstlicher Befruchtung (durch Fremdsperma)

Rosamunde Pilcher ist gestern 90 geworden. Das Leben schreibt bessere Geschichten:

Sie und er pflegten etwa seit dem Jahr 2000 mindestens bis September 2007 eine freundschaftliche und intime Beziehung, ohne in einem gemeinsamen Haushalt zusammenzuleben.
Sie wünschte sich ein Kind wünschte, doch er war zeugungsunfähig. So kam man auf die Idee einer Samenspende.Er besorgte das Fremdsperma, im dritten Versuch klappte es mit der heterologen Insemination und sie gebar ein Mädchen.Zwar anerkannte er nicht die Vaterschaft, doch unterschrieb er die amtliche „Geburtsanmeldung eines Kindes“ für das Standesamt als Vater, ließ sich als Vater gratulieren, Familienfotos mit Mutter und Kind fertigen und bezahlte Teile der Erstausstattung sowie dreimal monatlichen Unterhalt.

Dann kam es zur Trennung und nun verlangt das Kind (vertreten durch die Mutter) von ihm Unterhalt.

Während das Landgericht (Achtung, keine Familiensache) die Klage noch abwies, gab das OLG dem Kind recht, indem es einen vertraglichen Unterhaltsanspruchs des Kindes annimmt.

Bei der mit Einwilligung eines Ehemannes vorgenommenen heterologen Insemination handele es sich aus seiner Sicht um die Übernahme der Elternschaft (der Scheinvaterschaft) durch Willensakt. Insofern sei aus der Sicht des Ehemannes das Einverständnis mit der heterologen Insemination einer Adoption ähnlich. Anders als bei der Adoption handele es sich allerdings nicht um die Übernahme der Elternschaft für ein bereits gezeugtes oder geborenes Kind, durch den Willensakt solle vielmehr die Entstehung des Kindes erst ermöglicht werden. Wenn der Ehemann auf diese Weise zu der Geburt eines Kindes durch seine Ehefrau beitrage, dann geb er damit zu erkennen, dass er für das Kind wie ein ehelicher Vater sorgen wolle. Das Verhalten könne aus der Sicht seiner Ehefrau nur dahin interpretiert werden, dass er eine Unterhaltspflicht unabhängig davon übernehmen wollte, ob die gesetzliche Unterhaltspflicht, deren Voraussetzungen an sich nicht gegeben waren, bestehen würde. Daher enthalte eine Vereinbarung zwischen Eheleuten, mit welcher der Ehemann sein Einverständnis zu einer heterologen Insemination erteilt, regelmäßig zugleich einen von familienrechtlichen Besonderheiten geprägten berechtigenden Vertrag zugunsten des aus der heterologen Insemination hervorgehenden Kindes, aus dem sich für den Ehem v. ann dem Kind gegenüber die Pflicht ergibt, für dessen Unterhalt wie ein ehelicher Vater zu sorgen.

Für einen nicht verheirateten Mann könne nichts anders gelten.


Quelle: Burschel (Direktor am AG Bad Salzungen) im Beck-Blog und
OLG Stuttgart v. 04.09.2014 - 13 U 30/14


Donnerstag, 11. September 2014

Unterhalt | Nachteilsausgleich | Anlage U

Der Unterhaltsleistende muss dem Unterhaltsempfänger die ihm aus dem Realsplitting erwachsenden Steuernachteile ersetzen sowie etwaige Einbußen bei sonstigen staatlichen Leistungen wegen Überschreitens der Einkommensgrenzen durch das Realsplitting ausgleichen, etwa bei der Arbeitnehmer-Sparzulage oder der Wohnungsbauprämie.

Der Unterhaltspflichtige muss die Nachteile des Unterhaltsempfängers aber erst ersetzen, wenn dessen Steuerbescheid vorliegt und er Einblick in den Bescheid erhält (OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.6.1998, 5 UF 162/98, NJW-RR 1999 S. 1234). Setzt das Finanzamt beim Unterhaltsempfänger aufgrund der Unterhaltszahlungen vierteljährliche Einkommensteuer-Vorauszahlungen fest, muss schon bei Vorlage des Festsetzungsbescheides der Nachteilsausgleich erfolgen.

Der Unterhaltsempfänger muss die Anlage U nur unterschreiben, wenn ihm der Unterhaltspflichtige vorher schriftlich zugesichert hat (sog. »Freistellungserklärung«), dass er ihm die daraus entstehenden steuerlichen und sonstigen Nachteile erstattet (BGH, Urteil vom 23.3.1983, NJW 1983 S. 1545). Der Unterhaltsempfänger darf seine Zustimmung zum Realsplitting nicht davon abhängig machen, dass er an der voraussichtlichen Steuerersparnis des Unterhaltspflichtigen beteiligt wird (siehe obiges BGH-Urteil).

Wenn der Unterhaltsempfänger trotz einer Freistellungserklärung seine Unterschrift verweigert, kann der Unterhaltspflichtige vor dem Familiengericht auf Zustimmung klagen (BFH-Urteil vom 25.10.1988, IX R 53/84, BStBl. 1989 II S. 192). In diesem Fall muss er seine Steuererklärung mit der von ihm ausgefüllten Anlage U ohne die Unterschrift des früheren Ehegatten abgeben und beantragen, den Steuerbescheid in diesem Punkt gemäß § 165 AO nur vorläufig festzusetzen. Ist der Steuerbescheid bestandskräftig, wenn das Urteil vorliegt, muss das Finanzamt den Bescheid gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) ändern. Ein Urteil, das die Zustimmung ersetzt, entfaltet keine Dauerwirkung. Es gilt nur für das jeweilige Kalenderjahr.




Rechtsanwalt Frank Theumer | Zu Recht !!